Sie sind hier: Startseite

Grüne Naturparadiese in der Nachbarschaft

Stuttgart. Abermillionen weiße und rosa Blüten verwandeln dieser Tage die Apfel-, Birnen-, Kirsch- und Zwetschgenbäume der Obstwiesen überall in Deutschland wieder zu herrlichen großen Blumengebinden. Doch die Obstwiesen mit ihren hochstämmigen Bäumen sind zu Sorgenkindern geworden, weil viele Bestände nicht mehr gepflegt werden und zahlreiche Obstwiesen infolge von Baulandumlegungen und Straßenbauten verschwunden sind.

Streuobstwiesen sind eine uralte, traditionelle Form des Obstbaus. Für die hiesige Region sind sie überaus landschaftsprägend. Streuobstwiesen findet man jedoch nicht nur im Ländle. Auch in Franken, Baden, Sachsen und Brandenburg sowie unseren Nachbarländern Österreich und Schweiz kann man diese Sonderform des Obstanbaus noch finden.

 

Die Bestände haben sich fast halbiert


Allein in Baden-Württemberg - dem Obstwiesenland Nummer eins in Europa - haben sich allerdings seit 1965 die Bestände fast halbiert. Und im Äppelwoi-Land Hessen gingen gar 85 Prozent der früheren Obstwiesen verloren. „Doch statt ständig weiter zu lamentieren ist reagieren angesagt. Wir brauchen ein neues Image für die Obstwiesenwelt“, sagt Claus-Peter Hutter, Präsident der Umweltstiftung NatureLife-International.
Er sieht in der tiefen Sehnsucht der Menschen nach Natur und dem wachsenden Trend zum Selbstgemachten große Chancen, die Obstwiesen als Früchte- und Naturparadies zu retten. Hutter fordert mit dem jetzt erschienenen Aktionsbuch „Obstwiesen - Ein Naturparadies neu entdecken“ eine Kehrtwende vom dogmatischen Naturschutz hin zu einer neuen Landlust. Das Druckwerk erschien als Jubiläumsbuch beim Stuttgarter Kosmos-Verlag, der 2014 "111 Jahre Natur bei Kosmos" feiern kann.
Obstwiesen machen nicht nur mit Mühe und Arbeit, nein, sie vermitteln in oft hektischen Zeiten körperlichen und geistigen Ausgleich. Dass ein "Baumstückle" vielfache Naturerlebnisse und eine unvergleichliche Früchtevielfalt liefern, ist ein angenehmer Begleiteffekt.
Es reicht jedoch nicht, wenn man seitens des Naturschutzes die Besitzer der Obstwiesen - allein in Baden-Württemberg gibt es immerhin noch annähernd 10 Millionen hochstämmige Obstbäume - mit dem Hinweis auf Grünspecht und Gartenrotschwanz auffordert, Omas und Opas Wiesen zu pflegen. „Wenn wir die Menschen, welche diese Grundstücke seither bearbeiten, mehr in den Mittelpunkt stellen, dann profitiert ganz automatisch auch die Natur davon, und junge Leute bekommen wieder Interesse, selbst Bäume zu pflegen und Blumenwiesen zu erhalten“, betont Claus-Peter Hutter. Dann werde aus dem Arbeitsfrust früherer Generationen die Freude an der eigenen Arbeit im Freien, die es locker mit jedem Training in einem Fitnessclub aufnehmen könne.


Neue Landlust


Hutter freut sich, dass gegenwärtig vom Norden bis in den Süden offensichtlich eine "neue Landlust" angesagt ist. Er bezeichnet die Arbeit der Obst- und Gartenbauvereine und der Streuobstinitiativen in Deutschland als wegweisend bei der Bewahrung einmaliger Kulturlandschaften und der Heranführung von Jugendlichen an den fachgerechten Umgang mit dem Natur- und Kulturprodukt Obstgarten.
„Mit Bildern vom Latzhose tragenden Opa und der gebückt in der Arbeitsschürze das Obst auflesenden Oma kommen wir einfach nicht weiter“, unterstreicht Hutter und will mit der NatureLife-Kampagne die Obstwiesen als Fitnessclub im Freien, dem eigenen Bioladen, der Arche Noah der Kulturlandschaft, dem Naturspielplatz für die Hobbygärtner von Morgen und einem Ort für unvergleichlichen Generationendialog ein neues Image eines von allen geliebten, aber oftmals vernachlässigten Lebensraumes werben.
Claus-Peter Hutter: „Wenn jemand heute Bäume schneidet, gibt er symbolisch Uroma oder Uropa oder gar fremden Menschen die Hand. Und wer heute junge Bäume setzt, reicht die Hand an kommende Generationen weiter“.

 

 

Information
Claus-Peter Hutter "Obstwiesen - Ein Naturparadies neu entdecken". Erschienen als Jubiläumsbuch "111 Jahre Natur bei Kosmos". 144 Seiten, 16,99 Euro