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Ob man oder frau früher ins Kino geritten ist, wissen wir nicht. Das Bild von Anfang der 1960er Jahre zeigt einen besonderen Sch
Stadtarchiv Bietigheim-Bissingen

100 Jahre Kino-Geschichte in Szene gesetzt

Bietigheim-Bissingen: Kaum hatten die Bilder das Laufen richtig gelernt, liefen sie in Bietigheim auch schon über die Leinwand. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1912 gab es im Lichtspielhaus Bietigheim die erste Filmvorführung. Die neue Ausstellung des Stadtmuseums Hornmoldhaus wirft nun einen Blick zurück auf „100 Jahre Kino in Bietigheim und Bissingen“.

Die allererste öffentliche Filmvorführung gegen Geld soll es am 1. November 1895 im Berliner Variété Wintergarten gegeben haben. Als Ursprungsland des Films gilt aber Frankreich, wo die Brüder Lumière mit ihrem Cinématographen einen Filmstandard setzten: Der Film erhielt links und rechts die bekannten Löcher, in die Greifzähne einhaken, um den Film vors Objektiv zu befördern.

Stummfilme prägten zunächst das Kino


Der Film entwickelte sich schnell weiter, besonders in den USA. Lichtspielhäuser entstanden – schließlich Ende 1912 auch in Bietigheim. Nicht vergessen werden darf, dass bis Anfang der 1930er Jahre Stummfilme das Kino prägten, der Film also grundsätzlich international war. Damals begleitete meist ein Pianist oder Orgelspieler im Kino live mit dramaturgisch zugespitzter Musik das Leinwandgeschehen. Der erste abendfüllende Tonfilm – „The Jazz Singer“ – datiert erst von 1927. Angesichts der dadurch rasant steigenden Nachfrage sattelten die Filmproduktionsfirmen bis 1936 vollständig auf Tonfilm um.
Das Stadtmuseum Hornmoldhaus nimmt den 100. Geburtstag des ersten heimischen Kinos zum Anlass für eine Retrospektive auf die örtliche Kino-Geschichte und blickt auch auf die Kino-Entwicklung im Ländle. Vom 20. Januar bis 21. April lebt die örtliche Kino-Geschichte im Rathaus Bissingen, Bahnhofstraße 1, auf, ein guter Ort für die Schau, denn nahebei liegt das einzige verbliebene Kino der Stadt.
Das Bietigheimer Lichtspielhaus öffnete 1912 im Bleichwörth als erstes großes Kino für den Norden des Landkreises. Das örtliche Kino bot seinem Publikum schon im ersten Jahr ansprechende Unterhaltung und sorgte fortan für Freizeitvergnügen. „Gerade junge Leute besuchten zum Teil einmal wöchentlich die Filmvorführungen, die während der Kriegsjahre nicht selten durch Luftschutzwarnungen unterbrochen wurden“, schreiben die Ausstellungsmacher um Volontärin Maren Lippitz und Museumsleiterin Regina Ille-Kopp.
Am Bau eines neuen Kinos wurde in den 1930er Jahren geplant, doch der II. Weltkrieg machte einen Strich durch alle Rechnungen und 1945, im letzten Kriegsjahr wurde das Lichtspielhaus ein Raub der Flammen. Im Kronenbau, der später dem Kronenzentrum weichen musste, wurde eine Behelfsbleibe gefunden.
„Mit kommunaler Unterstützung entstand auf der Bleichinsel an der Mettermündung das neue ‚Delta-Kino‘. Seine Eröffnung im Jahr 1952 erweiterte das kulturelle Leben in der Stadt Bietigheim um eine interessante Facette, die stark beachtet wurden“, schreiben die Ausstellungsmacher. Chronist Hermann Roemer schrieb damals Bietigheim gar angesichts des modernen Kinos im Ensemble mit anderen Neubauten „das Aussehen einer mittleren Industriestadt“ zu.
Es gab in weiteren Verlauf der Jahre auch Überlegungen weitere Kinos in Bietigheim einzurichten, so etwa in Buch, aber das blieben Gedankenspiele.
Anders jenseits der Enz, in Bissingen, heute Stadtteil der Doppelstadt, damals aber noch eigenständig. Dort schuf die Familie Graf in den 1950er einen Traumpalast. An der Steigstraße entstanden zunächst das Olympia-Theater und später die Enz-Lichtspiele.
Da das Delta-Kino in Bietigheim im Jahr 2005 seine Pforten schloss, sind die beiden Bissinger Kinos die einzigen Lichtspielhäuser in der Doppelstadt an der Enz. Die Ausstellung im Bissinger Rathaus würdigt so auch den cineastischen Kulturbeitrag des Stadtteils.
Gerade die lokale Kinogeschichte wird im Zentrum stehen. An das ehemalige Delta-Kino erinnern Objekte wie Bestuhlung, Lampen und anderes aus dem Bestand des Stadtmuseums Hornmoldhaus. Die Familie Graf lieferte Schaustücke aus den Bissinger Kinos.
Natürlich spielt auch das leibhaftige Kino im Begleitprogramm der Ausstellung eine Rolle. So wird unter anderem der Film „Mein Vetter aus Dingsda“ mit Grete Weiser gezeigt, der unter anderem Aufnahmen vor Ort vom Bietigheimer Pferdemarkt enthält.
Auch Zeitzeugen sollen in der Ausstellung zu Wort kommen – ehemalige Mitarbeiter der Kinos, Paare, die im Delta-Kino geheiratet haben, und andere mehr. Eine Kooperation mit der Gruppe „Kino & Kirche“, die von Januar bis Mai 2013 erfolgreiche Filme aus der Kinogeschichte Bietigheims präsentieren wird, ist bereits angelaufen. Nicht nur in diesem Zusammenhang ist auch das Olympia-/Paradies-Kino in Bissingen eingebunden.

 

Information
• Die Eröffnung der Ausstellung findet am Sonntag, 20. Januar, um 11 Uhr im Rathaus Bissingen, Bahnhofstraße 1, im Beisein von OB Jürgen Kessing und Kultusstaatssekretär Jürgen Walter statt. Das Fagottensemble der städtischen Musikschule umrahmt die Eröffnung. Der Geschichtsverein bewirtet. • Das gesamte Programm ist in einem Faltblatt zusammengefasst, das im Bissinger Rathaus, im Stadtmuseum und bei der Stadtinformation erhältlich ist. • Öffnungszeiten: montags, dienstags & mittwochs 7 - 16 Uhr, donnerstags, 7 - 18 Uhr, freitags 7 - 12 Uhr; nach Vereinbarung (0 71 42) 74-3 52